Zu § 195a

§ 195a LVwG regelt die sog. Rasterfahndung im Gefahrenabwehrbereich. Für Rasterfahndungen im Bereich der Strafverfolgung gelten die Vorschriften §§ 98a, 98b StPO. Die Rasterfahndung ist eine besondere polizeiliche Fahndungsmethode unter Nutzung der Möglichkeiten elektronischer Datenverarbeitung und erlaubt den Zugriff auf fremde Datenbestände und deren Abgleich mit polizeilichen oder anderen Dateien.¹⁾

Die handelnde Polizeibehörde lässt sich von anderen öffentlichen oder privaten Stellen personenbezogene Daten übermitteln, um einen automatisierten Abgleich (Rasterung) mit diesen Daten vorzunehmen. Durch den Abgleich soll diejenige Schnittmenge von Personen ermittelt werden, auf welche bestimmte, vorab festgelegte und für die weiteren Ermittlungen als bedeutsam angesehene Merkmale zutreffen.²⁾

2) BVerfGE 115, S. 320–381.

Es geht um die Suche nach wenigen Menschen, auf die bestimmte „Prüfungsmerkmale“, also tat- und tätereigentümliche Besonderheiten, zutreffen und die sich dadurch von anderen zugleich erfassten Menschen(-mengen) unterscheiden. Man braucht also aus vorausgegangenem Verhalten vergleichbare Merkmale, die eine zumindest partielle Beschreibung der Person(en) und ihrer Handlungsmodalitäten ermöglichen.³⁾

3) Lisken, NVwZ 2002, S. 514.

Die Praxis unterscheidet dabei die positive und die negative Rasterfahndung. Bei der positiven Rasterfahndung geht es um die Ermittlung von Personen, die alle oder möglichst viele der kriminalistisch relevanten Merkmale auf sich vereinigen, während die negative Rasterfahndung darauf angelegt ist, aus einem Ausgangsbestand all die Personen auszufiltern, bei denen bestimmte Merkmale nicht vorliegen. Als Anwendungsfälle für eine Rasterfahndung im Gefahrenabwehrbereich sind nach Erkenntnissen der Polizei drohende Geiselnahmen, terroristische Gewaltverbrechen oder Verbrechen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes zu nennen. Besondere Bedeutung erlangte die präventive Rasterfahndung jedoch in Zusammenhang mit den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA, wo islamistische Terroristen Anschläge auf das World Trade Center in New York, auf das Pentagon in Washington D.C. und auf einen Linienjet verübten, bei denen etwa 3.000 Menschen starben. Da Ermittlungen des amerikanischen FBI zu der Erkenntnis geführt hatten, dass mehrere Beteiligte der Anschläge zuvor in Deutschland wohnhaft waren,⁴⁾

4) AG Wiesbaden, DuD 2001, S. 752.

führten die Polizeibehörden des Bundes und der Länder unter Koordination des BKA eine umfangreiche präventive Rasterfahndung nach sog. Schläfern durch, um möglicherweise weitere, geplante Anschläge zu verhindern. Durch die „Koordinierungsgruppe Internationaler Terrorismus“ wurden abgestimmte Rasterkriterien zur Entdeckung potentieller islamistischer Terroristen in Deutschland aufgestellt, die dann entsprechend gerastert wurden. Da die allgemeinen Gerichte sehr unterschiedlich über diese Maßnahme urteilten, hat das BVerfG letztlich in seiner Entscheidung vom 4.4.2006⁵⁾

5) BVerfG, Beschluss vom 04. April 2006 – 1 BvR 518/02, BVerfGE 115, 320–381.

eine entsprechende Bewertung der präventiven Rasterfahndung vorgenommen. Hierbei gab es in einigen Punkten jedoch auch eine abweichende Ansicht durch vier Mitglieder des Ersten Senates, insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an den Gefahrbegriff.